Marita's Blog

Selbstregulation Teil 2

Selbstregulation – Stress und Nervensystem

In diesem Beitrag gehe ich genauer darauf ein, welche Rolle unser Körper und unser Nervensystem im Hinblick auf Stress und Selbstregulation haben.

Es ist nämlich wichtig zu wissen:

Die Fähigkeit der Selbstregulation hängt maßgeblich von einem gut funktionierenden Nervensystem ab.

Unser Nervensystem, in enger Verbindung mit unserem Hormon- und Immunsystem, ist DAS für die Selbstregulation zuständige System in unserem Körper. „Da wird die Arbeit getan“.

Normalerweise befinden wir uns, befindet sich unser Körper, in einem relativ stabilen, psycho-physischen Gleichgewicht. Man könnte sagen, ein komplexes, ausgeklügeltes „Messsystem“, sogenannte Regelkreise, kümmern sich in unserem Körper darum, dass das Gleichgewicht, physisch und psychisch, immer wiederhergestellt wird. Diese Regelkreise unterstehen der Kontrolle des Gehirns. Unser Körper stellt auf diese Weise sicher, dass die Bedingungen, die sein optimales Funktionieren gewährleisten, trotz dauernder Veränderungen, die das Leben von Natur aus mit sich bringt, aufrecht erhalten bleibt.

Dazu muss unser Körper, unser Gehirn jede Veränderung in seiner Umgebung registrieren. Das geschieht über unsere Sinne. Wir nehmen also über unsere Sinne Informationen / Reize innerhalb des Organismus, aber auch außerhalb von uns wahr, bewerten diese entweder positiv oder negativ und reagieren entsprechend.

Diese Art Reize werden Stressoren genannt und setzen im Körper eine Stress-Reaktion in Gang. Ein Reiz, der besonders heftig ist, der plötzlich auftritt, oder sehr lange andauert, kann dich sowohl seelisch wie auch körperlich aus dem Gleichgewicht bringen.

Auslöser für Stress können zum Beispiel sein: Hitze und Kälte. Aber auch Lärm ist ein oft unterschätzter Stressfaktor. Angst ist Stress für unseren Organismus. Auch auf Hunger, Durst und Schmerzen, seelische wie körperliche, von außen zugefügte oder auch autonom im Körper entstehende, reagiert der Körper mit Stress. Viele Stressauslöser haben mit der individuellen Lebenssituation zu tun, in der man sich in einer bestimmten Lebensphase befindet. Zum Beispiel: Prüfungssituationen, permanenter Zeitdruck, Überforderung, hohe Dauerbelastung, eine große Verantwortung tragen müssen, zu viel oder zu wenig Arbeit, Umzüge, Unfälle, finanzielle Sorgen, Schwierigkeiten in Beziehungen, das Lebensumfeld, Trennungen, Scheidungen, Tod, Krankheiten…… bis hin zu existentiellen Bedrohungen…. (die Liste ließe sich noch fortsetzen)

Auch bestimmte Gedanken, Erinnerungen, Gefühle, Gerüche, Geräusche, innere Bilder können Stress auslösen.

Extreme Ereignisse gehen immer mit extremen Stress einher.

Auf Stress reagiert immer der gesamte Organismus, der sich mit Hilfe aller ihm zur Verfügung stehenden physiologischen Reaktionen um Anpassung an die Anforderungen und Belastungen bemüht, denen er ausgesetzt ist. Damit hält der Organismus seine Funktionstüchtigkeit, also sein Überleben und seine Vitalität, aufrecht. Eine Stress-Reaktion ist also erst einmal eine gesunde Reaktion des Körpers.

Man kann sich eine Stressreaktion als ein gleichzeitiges Handeln auf verschiedenen, sich wechselseitig beeinflussenden Ebenen vorstellen.

Schauen wir uns diesen Mechanismus einmal etwas genauer an.

Sind wir gestresst reagiert das Herz-Kreislauf-System, die Skelettmuskulatur, das Nervensystem, das Immun- und Hormonsystem und die Psyche. Und zwar IMMER auf eine bestimmte Art und Weise. Unser Nervensystem hat die Aufgabe den Reiz zu prüfen. Das macht es, indem es ihn mit früheren Erfahrungen abgleicht. In Sekundenbruchteilen wird entschieden ob Gefahr besteht.

Beurteilt das Nervensystem und der Körper einen Reiz als bedrohlich, macht sich der Körper bereit auf die reale oder empfundene Bedrohung schnell und angemessen zu reagieren. Unser System „fährt hoch“. Wir sind in Anspannung, im „Hab-Acht-Modus“. Naturgemäß stehen uns im Falle einer bedrohlichen oder gefährlichen Situation zwei Reaktionsweisen zur Verfügung. „Fight or Flight“ – Kampf oder Flucht. Dies sind natürlicherweise die bevorzugten Reaktionsweisen.

Eine Stress-Reaktion läuft natürlicherweise in vier Phasen ab.

Phase 1: Das Gehirn registriert Gefahr

Phase 2: Unser System reagiert mit Stress

Phase 3: Und stellt damit ausreichend Energie zum Handeln zur Verfügung, um der Gefahr zu entkommen, oder diese abzuwenden

Phase 4: Wenn gehandelt wurde, die bedrohliche Situation nicht mehr besteht, oder wir ihr entkommen sind fährt das System wieder runter und Körper, Geist und Psyche entspannen sich

In unserer heutigen Zeit durchlaufen wir diese vier Phasen oft nicht mehr komplett. Wenn zum Beispiel in der gegebenen stressvollen Situation weder die Möglichkeit zu Kämpfen, noch die zur Flucht möglich sind, oder nicht sinnvoll erscheinen, bleibt dem Lebewesen nur noch die Möglichkeit der Schockstarre, es erstarrt, es „schaltet innerlich ab“.

Eine dieser drei Möglichkeiten wählen wir, bzw. wählt unser System. Immer.

Stress-Reaktions-Zyklen durchlaufen wir ungezählte Male im Leben. Eine Vollbremsung auf der Autobahn, ein heftiges Sich-Erschrecken, Ärger, Wut, ein Sturz, ein Streit ….. all diese Situationen mobilisieren unser Nervensystem und eine Stress-Reaktion läuft ab. Ein gesundes Nervensystem, ein Nervensystem, welches nicht dauerhaft überlastet ist, ist in der Lage Stressreaktionen zu durchlaufen und, sobald die auslösende Situation vorüber und bewältigt ist, wieder in einen entspannten Zustand zurückzukehren. Das nennt man Regulation. Zusätzlich zu der automatischen Regulationsfähigkeit, die normalerweise im Körper abläuft, können wir die Regulation auch aktiv mit unterstützen. Das nennt man dann Selbstregulation.      (siehe #1).

 

Stress ist und bleibt Bestandteil allen Lebens und kann nicht vermieden werden.

Erst ein zu schnell, ein Zuviel und ein zu oft, bzw. zu lang anhaltend, sorgt für Probleme.

Wie gut und schnell unser System wieder in ein Wohlgefühl, in einen Zustand von Entspannung, zurückfindet hängt auch von folgenden Faktoren ab.

·       Wie alt wir sind, wenn, wir Stress ausgesetzt sind bzw. wie alt wir waren, als wir Stress ausgesetzt waren

·       Wie oft wir Stress ausgesetzt sind / waren

·       Wie gut, wie gesund, sich unser Nervensystem entwickeln konnte

·       Wie wir gelernt haben, wie unser System gelernt hat, mit Stress umzugehen

·       Welche Veranlagung wir mitbringen

·       welche Bewältigungsmechanismen uns zur Verfügung stehen

·       auf welche Ressourcen wir zugreifen können

·       wie überwältigend die stressauslösende Situation ist

·       wie viele herausfordernde Ereignisse gleichzeitig auftreten

·       wie lange wir schon unter Stress stehen

·       ……..

 

Unsere Lebensbedingungen und Lebensereignisse haben also maßgeblichen Einfluss auf die Fähigkeit unseres Nervensystems mit Stress adäquat umgehen zu können. Das gilt umso mehr, je früher im Leben wir mit anhaltendem Stress konfrontiert waren. Doch dazu mehr im nächsten Blog.

 

Ich danke für dein Interesse und deine Aufmerksamkeit.

Von Herzen

Marita Imkamp

 

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